1 Einleitung

Als Cycadeen, zu dt. auch "Palmfarne", bezeichnet man eine monophyletische Ordnung gemeinhin als primitiv angesehener subtropischer und tropischer getrenntgeschlechtlicher Gymnospermen. Sie wurden bereits 1889 als eine "natürliche Pflanzenfamilie" - Cycadaceae - innerhalb der Spermatophyten zusammengefaßt (Engler & Prantl, 1889). Typische Merkmale der Cycadeen sind:

Der in charakteristischer Weise markbetonte pachykaule Stamm mit seinen "gürtelnden" Blattspuren und manoxylem Holz.

Das Fehlen von Achsenmeristemen; die Stammverzweigung erfolgt entweder dichotom oder durch Adventivsprosse, das Stammwachstum wird maßgeblich durch das am Stammapex sitzende 'primary thickening meristem' (PTM) bewerkstelligt.

Die Beblätterung besteht aus spiralig am Stammapex ansitzenden meist einfach gefiederten Wedelblättern und zwischengeschalteten schuppenförmigen reduzierten Blättern, sogenannten Kataphyllen, die seneszent abgeworfen werden. Die Blattbasen bilden bei manchen Gattungen einen Panzer. Juvenile Blätter sind in charakteristischer Weise behaart, u.a. mit farbigen Trichomen, die bis dato nur von den Cycadeen bekannt sind.

Sowohl die Mega- als auch die Mikrosporophylle sind um eine zentrale Achse spiralig angeordnet, sterile Blätter wie bei den Zapfen oder Fruktifikationen anderer Gymnospermen fehlen.

Die Wurzeln sind ausgesprochen heteromorph: Neben verkürzten und verdickten sogenannten "koralloiden" Wurzeln, die symbiontische, Luftstickstoff bindende Cyanobakterien beherbergen, gibt es andere mit kontraktilen Elementen, die vor allem bei jungen Individuen zum Schutz der apikalen Wachstumszone vor Bränden u.ä. dienen.

Daneben gibt es noch einige physiologische Besonderheiten wie die Produktion von Cycasin, einem Pflanzengift, und die ansonsten nur noch von Ginkgo biloba bekannte Befruchtung durch mehrfach begeißelte Spermatozoide.

Die derzeitige Ordnung Cycadales Pfitzer umfaßt z.Zt. elf Gattungenmöglicherweise auch zwölf Gattungen (DeLaubenfels & Adema, 1998) mit insgesamt 255 Arten (Perry, 1999) in drei Familien (Johnson, 1959; Stevenson, 1992), von der die bisher letzte Gattung erst 1990 entdeckt und beschrieben worden ist (Stevenson, 1990a). Sowohl die rezent systematischen als auch die stammesgeschichtlichen Beziehungen der verschiedenen Genera untereinander, sowie die Stellung der Cycadeen bezüglich anderer Gruppen ausgestorbener und rezenter Samenpflanzen war lange Zeit unklar und ist immer noch nicht vollständig geklärt. Dies liegt zum einen daran, daß die rezenten Cycadeen auf - meist abgelegene - Reliktareale beschränkt sind (Hill & Stevenson, 1998; Jones, 1993; Norstog & Nicholls 1997) . Möglicherweise nah verwandte Gattungen haben im Rezenten mehrere tausend Kilometer voneinander getrennte Verbreitungsgebiete. Ferner zeigen alle Gattungen Heterobathmien, die eine auf klassisch morphologischer Beschreibung beruhende evolutionäre Systematik nahezu unmöglich machen (vgl. dazu Johnson, 1959; Pant, 1973; Stevenson, 1990b). Zum anderen ist der Fossilbefund im Gegensatz zu anderen Gymnospermen wie den Coniferales und Ginkgoales schlecht. Selbst im Jura, häufig fälschlich immer noch als "Zeitalter der Cycadeen" bezeichnet (z.B. Stanley, 1994), beschränken sich die Funde meist auf mehr oder weniger gut erhaltene Bruchstücke von Blättern oder isolierten Fiedern. Weitaus seltener finden sich Sporophylle bzw. intakte Strobili. Gut erhaltene Stammfossilien (Archangelsky & Brett, 1963; Jain, 1964; Petriella, 1969, 1972; Gould, 1971; Vozenin-Serra, 1979; Smoot et al., 1985) kennt man lediglich aus der Trias, dem Jura und dem Tertiär.

Die computergestützte kladistische Systematik, beruhend auf dem Prinzip der 'maximum parsimony' engl. für 'höchste Sparsamkeit', zurückgehend auf William of Ockham, ca. 1285 bis 1349 (Definition in Forey et al., 1992) bietet hier eine alternative Lösung zur klassischen evolutionären Systematik (z.B. Doyle & Donaghue, 1986; Crane, 1988; Stevenson, 1990b). Die von D. Stevenson eingeführte Klassifikation rezenter Cycadeen (Stevenson, 1992; Hill & Stevenson, 1998) und die ihr zugrunde liegende Merkmalsmatrix (Stevenson, 1990b, 1996) bestätigt die von jeher angenommene Außenstellung der Gattung Cycas Linnaeus, und ermöglicht eine genauere Gliederung der ursprünglich (Engler & Prantl, 1889; Pilger, 1926) als "Zamiaceen" zusammengefaßten restlichen Gattungen (= UO. Zamiineae Stevenson).

Es ergibt sich die folgende Klassifikation:

I. Unterordnung Cycadineae Stevenson:

I.A Familie Cycadaceae Persoon mit rezent nur einer Gattung: Cycas Linneaus;

II. Unterordnung Zamiineae Stevenson:

II.A Familie Stangeriaceae Johnson, mit zwei monogenerischen Unterfamilien:

1.Unterfamilie Stangerioideae mit der Gattung Stangeria Moore und

2.Unterfamilie Bowenioideae mit der Gattung Bowenia Hooker;

II.B Familie Zamiaceae Reichenbach:

1.Unterfamilie Encephalartoideae Stevenson, unterteilt in den Tribus Diooeae Schuster (eine Gattung: Dioon Lindley) und dem Tribus Encephalarteae Miquel (umfaßt die Gattungen Encephalartos Lehmann, Macrozamia Miquel und Lepidozamia Regel);

2.Unterfamilie Zamioideae Stevenson mit den Triben Ceratozamieae Stevenson (eine Gattung: Ceratozamia Brongniart) bzw. Zamieae Stevenson (Microcycas DeCandolle, Zamia Linneaus und Chigua Stevenson).

Vergleicht man diese Systematik mit der geographischen Verbreitung und der plattentektonischen Entwicklung während der letzten 300 Ma, muß man annehmen, daß sich diese Gruppen bzw. etwaige Vorläufer bereits zu Beginn des Mesozoikums vor 250 Ma getrennt haben und die Ursprünge der Cycadeen im Paläozoikum zu suchen sind (Thomas & Harris, 1960; Pant, 1987). Fossil lassen sich die rezenten Gattungen in ihrer heutigen Morphologie allerdings bis maximal in die Oberkreide (135 bis 65 Ma) zurückverfolgen (Pant, 1987). Des weiteren wird die bestehende Klassifikation durch jüngste u.a. auch molekularbiologische Arbeiten in Teilen angefochten.

Thema dieser Diplomarbeit soll es daher sein zu überprüfen, ob

Äes möglich ist, bestimmte nur als Fossilien bekannte Cycadeen in die bestehende Systematik zu integrieren,

Ädie daraus folgenden phylogenetischen Aussagen sich in einem auf molekularen Daten basierenden Kladogramm widerspiegeln bzw. reproduzieren lassen und

Äsich aus der Synthese beider Methoden ein hypothetischer Stammbaum herleiten läßtzur begrifflichen Unterscheidung 'Kladogramm' Ö 'Stammbaum' vgl. Kap. 8 aus Forey et al., 1992